Andreas Prediger

             ein Wolga-deutscher Künstler

 

            "Ich träumte immer in Bildern"

 

 

 

Geboren 1926, gehörte er zur älteren Generation der

 

Russlanddeutschen.

Andreas musste selbst den schweren Leidensweg gehen, auf den

die bolschewistische Verfolgung die Deutschen in der Sowjet-

union schickte. Hungersnot und Drangsalierung bereits in den 20er und
30er Jahren, dann aber vor allem Deportation, Zwangsarbeit und der
„Sondersiedler“- Status zwischen 1941 und 1955, brachten Tod

und Elend für Hunderttausende seiner Landsleute, dazu Trennung der

Familien und Verlust der angestammten Heimat.

Als Andreas sechs Jahre alt war, vertrieb der Hunger seine Eltern, die

 

sechs Geschwister und ihn aus seinem Geburtsort Marienfeld  in der

 

damaligen Wolgadeutschen Republik  (in dieser Region hatten schon

 

von 1764 an Deutsche gesiedelt, die die Zarin Katharina II. eingeladen

 

hatte).

Sie kamen zunächst nach Minsk/Weißrussland, wo der Vater jedoch

 

weder Arbeit noch eine Wohnung finden konnte, und so zog die Familie

 

weiter nach Maikop im Nordkaukasus.  Hier herrschte ebenfalls große

 

Hungersnot, und seine Eltern und die Kinder litten schwer unter den

 

Entbehrungen, an denen zwei Schwestern und ein Bruder zugrunde

 

gingen. Dann nahmen sie Verwandte in Sestafoni/Georgien auf, wo

 

der Vater starb.  Andreas besuchte dort für ein Jahr eine deutsche

 

Schule und danach eine russische. 

Nachdem seine Mutter 1936 erneut geheiratet hatte, zog die Familie

 

nach Tbilisi, wo Andreas die 6. Klasse der Mittelschule beendete.

 

1941 verlegte man sie zunächst an die Wolga, deportierte sie jedoch

 

bald danach - gemäß dem berüchtigten Erlass des Obersten Sowjet

 

vom 28.08.1941 - nach Ost-Kasachstan, wo in einem Bergwerk

 

Zwangsarbeit zur Förderung von  Wolfram zu leisten war.  Hier starb

 

sein Bruder Josef an Tuberkulose.

Andreas musste ab seinem 14. Lebensjahr wie ein Erwachsener

 

arbeiten und konnte dennoch 1942 die 7. Klasse abschließen.

 

Ende 1942 in die Trudarmee nach Westsibirien "mobilisiert" und von

 

seiner Familie getrennt, lebte er bis 1946 unter schlimmsten

 

Verhältnissen in einem Arbeitslager und war bis 1954 als Hauer

 

zwangsweise unter härtesten Bedingungen und großen Gefahren unter

 

Tage in einer Kohlengrube in Prokopjewsk eingesetzt; trotz all dieser

 

extremen Belastungen schaffte er in einer Abendschule 1949 den

 

Schulabschluss der 10. Klasse.

 

1946 heiratete er Pauline Gräfenstein; sie gebar ihm sieben Kinder.

 

Von 1954 bis 1989 verdiente er seinen Lebensunterhalt als Lehrer

 

und Kunsterzieher an einer Mittelschule, danach als Dekorateur.

 

 

Sein seit der Kindheit verfolgtes Ziel, Maler zu werden, erreichte er

 

erst richtig mit 35 Jahren, als er endlich einen Fernkurs

 

am Pädagogischen Institut von Krasnojarsk (Sibirien) für „Malen und

 

Zeichnen“ belegen durfte, den er 1966 erfolgreich abschloss. 

 

Mehrere Anträge an den Obersten Sowjet der UdSSR waren zuvor

 

wegen seiner deutschen Volkszugehörigkeit abgewiesen worden.

 

In seiner Freizeit malte er; ab 1967 stellte er seine Bilder wiederholt in

 

Prokopjewsk, nach 1985 auch in anderen Städten der ehemaligen

 

UdSSR aus. 1992 geschah dies zum ersten Mal auch in

 

Deutschland (Düsseldorf, Berlin, München), nachdem eine große

 

Ausstellung russlanddeutscher Künstler in Moskau 1991 ihm auch

 

übernationale Beachtung eingebracht hatte.

 

1993 übersiedelte er mit Teilen seiner Familie nach Bayern und lebte

seitdem in Bad Reichenhall. Hier malte er  weiter und

präsentierte und erläuterte seine Werke in mehr als 70 Ausstellungen an

 

verschiedenen Orten sowie in vielen Publikationen; auch in den USA

 und in Südamerika konnte er diese punktuell bekanntmachen.

 

Die bitteren Erlebnisse seiner ersten 28 Lebensjahre lasteten

schwer auf der Seele von Andreas. Sie waren ein starker Antrieb

für sein Schaffen und sind der Schlüssel für das Verständnis

eines Teils seiner Werke.

 

Damit sind vor allem jene Bilder gemeint, die die Besonderheit seiner

Kunst ausmachen. „Ich male die Geschichte meines Volkes"

sagte er, nach dem Grundanliegen dieser Darstellungen gefragt.

Sie handeln vor allem auch von der Verfolgung und den Leiden
der Russlanddeutschen.

Diese Bilder rühren an, denn sie vermitteln eine tiefe Verletztheit der

Seele, das traurige Fragen nach dem Warum und deutliche Klage.

All dies ist kompositorisch oft plakativ und als Collage ins Bild gesetzt.

Der Betrachter sieht sich dann sinnbildlichen Andeutungen und direkten

Aussagen zu Personen, Szenen und historischen Bezügen gegenüber;
diese zwingen ihn, sich mit dem komplex Dargestellten zu

befassen. Das genau lag in der Absicht des Künstlers: er wollte

die Menschen aufrütteln, mit dem Schicksal der Russlanddeutschen

konfrontieren und so gegen das Vergessen wirken. Seinen Landsleuten

wollte er Mut zur Identität mit der eigenen Geschichte machen.

Insgesamt ging es ihm darum, Hemmschwellen und Vorurteile ihnen

gegenüber abzubauen.

Andreas Prediger malte außer zur Geschichte seines Volkes viele andere

Bilder mit gleicher Leidenschaft und Sorgfalt. Seine religiösen

Kompositionen zeugen von seinem tiefen Glauben. Die Portraits,
Landschaften (Sibirien und Deutschland) und Stillleben geben
Eindrücke aus seinem Lebenskreis zu verschiedenen Zeiten wieder.

 

Auch über seine Malerei hinaus setzte sich Andreas Prediger für die

Rehabilitierung und Belange der Wolgadeutschen ein. In

Russland gehörte er der Gruppe „Wiedergeburt“ und dem
„Internationalen Verband der Deutschen Kultur“ an; hier in

Deutschland war er Mitglied im „Arbeitskreis Bildende Kunst“ der

Russlanddeutschen Landsmannschaft, in der "Laufener Palette" sowie

 

der „Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege“.

 

Sein Schaffen wurde offiziell gewürdigt, auch wiederholt in den

Medien.  Höhepunkte waren die Verleihung der

„Ehrengabe des Russlanddeutschen Kulturpreises des Landes Baden-

Württemberg“ für sein Lebenswerk (Dezember 2000) sowie die

zwei großen Personal-Ausstellungen (jeweils 250 Arbeiten) in seiner

neuen Heimatstadt Bad Reichenhall (Januar 2001 bzw. 2006).

 

 

Am 24. Juli 2017 verstarb Andreas Prediger in Bad Reichenhall. Sein Grab befindet sich dort auf dem Friedhof

St. Zeno.

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